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Im Blickpunkt - Fürsorge

Von Florian Brückner

In der Rubrik „Im Blickpunkt“ präsentieren wir besondere Highlights aus Archiven, die im Archivportal-D vertreten sind. Diese ausgewählten Archivalien geben Einblick in die Bestände und bieten Rechercheanregungen für eine mögliche Suche im Archivportal-D oder im Themenportal „Weimarer Republik“. Wir freuen uns, in diesem Monat einen Beitrag von Florian Brückner (Universität Stuttgart) aus dem landeskundlichen Portal LEO-BW präsentieren zu können. In den Angaben zu weiteren Recherchemöglichkeiten unten verweisen wir auf unsere Objektgalerie auf der Startseite des Themenportals, in der wir Ihnen weitere Quellen zu diesem Themenkomplex vorstellen.

 

Die in der Weimarer Republik erbrachten Fürsorgeleistungen bildeten ein direktes Resultat der Folgen des Ersten Weltkrieges. Kriegsopferversorgung, die Armen-, Witwen- und Waisenversorgung sowie ein stetig wachsendes Heer arbeitsloser Leistungsempfänger bildeten eine schwere Hypothek für die erste deutsche Demokratie. Zahlreiche soziale Härten vermochten dabei von kirchlichen Einrichtungen abgemildert zu werden.

Textauszug aus einem Bericht des Caritasverbandes

Der Anfang des 20. Jahrhunderts gegründete Caritasverband für Berlin klagt über die prekären Lebensumstände und berichtet über die Tätigkeiten im Geschäftsjahr 1920/1921 und ihre „Hauptaufgabe, den Caritasgedanken in weitere Volkskreise zu tragen“, BArch R 1501.

 

Hierzu zählte beispielsweise die Innere Mission der evangelischen Kirche. Die Innere Mission hatte sich im 19. Jahrhundert als Reaktion auf die Pauperisierung, d.h. die Massenverelendung, die proletarische Schichten im Zuge der Industrialisierung in Deutschland traf, gebildet. Die Problematik des von Industrialisierung und gesellschaftlicher Umwälzung hervorgerufenen sozialen Elends erblickten evangelische Kirchenvertreter vor allem im Verlust christlicher Werte. Zu ihrer Behebung müsse die christliche Moral gehoben und ein Umfeld geschaffen werden, innerhalb dessen die Menschen durch Nächstenliebe wieder zu Gott finden könnten. Daher ging es keineswegs allein um die Verbesserung prekärer Lebensumstände, sondern ebenfalls um die christliche Bekehrung der so Missionierten im Zeitalter der Säkularisierung.
Ein solches Umfeld wurde durch die Gründung von Diakonieanstalten, von Rettungshäusern für verwahrloste Jugendliche sowie von Bildungsanstalten für Armenschullehrer geschaffen. Insbesondere die Diakonissenhäuser umfassten Armen- und Krankenpflege, Kleinkinderschulen sowie Einrichtungen für hilfsbedürftige Jungen und Mädchen (sogenannte Jünglingsvereine, Herbergen zur Heimat, Marthastifte). Unterstützende Maßnahmen hinsichtlich der Resozialisierung entlassener Gefängnisinsassen gehörten genauso zum Aufgabenfeld der Inneren Mission wie die Gründung sogenannter Frauenhäuser und Arbeiterkolonien für Obdach- und Arbeitslose. Die Organisation und Verwaltung dieser Häuser oblag den jeweiligen Stadtmissionen.

Maschienschriftlicher Brief der Evangelischen Stadtmission Heidelberg und schwarz-weiß Zeichnung des geplanten Gebäudekomplexes mit Innenhof

Die Evangelische Stadtmission Heidelberg richtet sich mit einem Schreiben an den Kreis mit einem Unterstützungsgesuch für die Errichtung eines Obdachlosenheims. Anliegend an das Schreiben sind Pläne und Zeichnungen mitgeschickt, Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 321 Nr. 341.

 

Der Badische Landesverein für Innere Mission gehört bis heute zu den größten sozialen Körperschaften in Baden. 1849 im Großherzogtum Baden gegründet, zählen bis heute Pflege und Betreuung von Rentnerinnen und Rentnern, Unterstützung der Bildungschancen unterprivilegierter Kinder und Jugendlicher sowie die Integration von Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung oder psychischen Erkrankungen in die Gesellschaft zu seinen zentralen Aufgabenfeldern. Wie in vielen anderen karitativen Einrichtungen, wie zum Beispiel im Badischen Frauenverein, gehörten auch hier die Großherzoginnen zu den wichtigsten Förderinnen dieses Verbandes.

Handschriftlicher Brief

Ausschnitt aus einem Brief von dem Sekretär des Badischen Landesvereins für Innere Mission, Theodor Koch, an die Großherzogin Luise von Baden. Koch beklagt sich über die fehlende Unterstützung in der Bevölkerung und weist auf die 70-Jahrfeier des Vereins hin, Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, FA N 2754, 3.

Der Text stammt von Florian Brückner aus dem landeskundlichen Informationssystem des Landesarchivs Baden-Württemberg. Wir danken dem landeskundlichen Portal LEO-BW für die Bereitstellung des Textes.

 

Links zu den Quellen im Themenportal

Deutscher Caritasverband

Gesuch der Evangelischen Stadtmission Heidelberg um Beteiligung des Kreises am Ausbau ihrer Wandererherberge

Schreiben von Theodor Koch an die Großherzogin Luise; Arbeit der Landesvereins für Innere Mission; Jahresfeier des Landesvereins; Publikation einer kleinen Chronik der Arbeit; Einstellung neuer Missionare

 

Recherchemöglichkeiten

Wenn Sie sich für weitere Quellen zur Fürsorge im Deutschen Reich interessieren, wählen Sie über den A–Z Index "Kirchliche Sozialarbeit" und "Freie Wohlfahrtspflege" aus und kombinieren Sie dieses thematischem Schlagwörter mit dem Geografikum „Deutsches Reich“.

In der Objektgalerie auf der Startseite des Themenportals finden Sie weitere Quellen zu den Schlagwörtern "Kirchliche Sozialarbeit" und "Freie Wohlfahrtspflege".